Radfahren soll in Lüdenscheid attraktiver und sicherer werden – und künftig bis zu zehn Prozent des gesamten Straßenverkehrs ausmachen: Mit dieser Zielsetzung entwickelt die Stadtverwaltung ein Mobilitäts- und Radverkehrskonzept. An der Erstellung und Umsetzung werden unterschiedliche Akteure und die Öffentlichkeit beteiligt. Welche Chancen das Vorhaben bietet und welche Herausforderungen dafür zu bewältigen sind, war am Donnerstag, 27. Juni, Thema in einer Sondersitzung des Bau- und Verkehrsausschusses (BVA).

„Unser Ziel ist es, ein sicheres, durchgängiges und regelkonformes Radverkehrsnetz zu schaffen, das es allen ermöglicht, tägliche Wege zur Schule, zur Arbeit, zum Einkaufen und in die Stadt mit dem Fahrrad zurückzulegen“, sagte Marietta Kümmerl vom Fachdienst Verkehrsplanung und -lenkung. Im Mittelpunkt stünden dabei die Hauptverkehrsstraßen und die Frage, wie diese für Radfahrer verkehrssicher gestaltet werden können. Antworten darauf sollen Untersuchungen an neuralgischen Punkten der Hauptverkehrsstraßen liefern – und das Zusammenspiel mit mehreren Akteuren.

Einer davon ist das Planungsbüro LK Argus aus Kassel, das ein Mobilitäts- und Radverkehrskonzept für Lüdenscheid erstellen wird. Erster Schritt: eine Haushaltsbefragung. Nach den Sommerferien sollen mindestens 1000 Bürger zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt werden, kündigte Geschäftsführer Michael Volpert in der BVA-Sitzung an. In einem nächsten Schritt soll auf Basis von Unterlagen und Zahlen zur Verkehrssituation in Lüdenscheid eine sogenannte „SWOT-Analyse“ erstellt werden, die Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken auflistet. Daraus, so Volpert, würden dann unter Beteiligung der Öffentlichkeit Handlungsmaßnahmen abgeleitet – „mit einem besonderen Blick auf den Radverkehr“. Angesichts der Topografie Lüdenscheids mit vielen engen und steilen Straßen sprach Volpert von einer „besonderen Herausforderung“.

Vor der stehen auch die städtischen Verkehrsplanerinnen und -planer. Bei der Planung von Radverkehrswegen „bewegen wir uns immer in einem Spannungsfeld“, sagte Marietta Kümmerl. Nicht nur die Interessen von Radfahrern und motorisierten Verkehrsteilnehmern müssten berücksichtigt und abgewogen werden, sondern unter anderem auch die von Einzelhandel, Lieferverkehr und Fußgängern. Ebenfalls zu berücksichtigen seien gesetzliche Vorgaben und der Umwelt- und Naturschutz.

Auch das Thema Zuständigkeit spielt bei der Planung und Förderung von Radverkehr eine entscheidende Rolle. Die Hauptverkehrsstraßen, das sogenannte klassifizierte Straßennetz, fallen in den Aufgabenbereich des Landesbetriebs Straßen.NRW. Weil der in den kommenden Jahren schlichtweg zu viel um die Ohren hat, um sämtliche Straßen überplanen zu können, beabsichtigt die Stadt Lüdenscheid, die Planung für die Umsetzung von Radverkehrsanlagen zu übernehmen. Straßen.NRW kommt für die dafür entstehenden Kosten auf und übernimmt außerdem die Umbaumaßnahmen. Diese Regelung soll in Form von Schriftwechselvereinbarungen festgehalten werden. Gemeinsam mit Straßen.NRW sollen außerdem ein Zeitplan und eine Prioritätenliste für Umbaumaßnahmen erstellt werden.

Marietta Kümmerl sprach von „sehr komplexen Planungsaufgaben“ und Abstimmungsprozessen – und bat gleichzeitig im Geduld: Nicht nur Straßen.NRW, sondern auch der Fachdienst Verkehrsplanung und -lenkung sowie die externen Ingenieurbüros hätten mit „eingeschränkten Personalkapazitäten“ zu kämpfen. Das Radverkehrsnetz werde Stück für Stück entstehen, solle den „Masterplan Radverkehrsnetz“ des Märkischen Kreises ergänzen – und werde nach und nach mehr Menschen dazu bringen, sich aufs Fahrrad statt ins Auto zu setzen.

Der Bau- und Verkehrsausschuss hatte im Juni 2018 beschlossen, bei allen zukünftigen Verkehrsplanungen die zunehmende Bedeutung des Radverkehrs zu berücksichtigen und sichere Verkehrswege für Radfahrer zu schaffen. Die dafür erforderlichen Maßnahmen jetzt zu planen, sei wichtig und sinnvoll, sagte der Ausschussvorsitzende Jens Holzrichter am Donnerstag. Mit der geplanten Freigabe der neuen Talbrücke Rahmede im Jahr 2026 ende nämlich die Vollsperrung der A45. Dann gehe es darum, die sanierungsbedürftigen Hauptstraßen zu erneuern – und dabei die Chance zu nutzen, diese direkt mit Radverkehrsanlagen zu versehen.

Lüdenscheid, 2. Juli 2024